Anfang März meldeten meine Freundin Ina und ich uns zum Nike Woman Run Berlin an. Wir beide – Läuferinnen. Freundinnen. Im Sommer. In Berlin. Unschlagbare Kombination. Mehr braucht es dazu nicht – dachte ich zumindest. Die Strecke, 10km, für mich als zweifache Halbmarathon-Finisherin eher ein Trainingslauf. Ina allerdings, noch etwas jungfräulich was Läufe betrifft, hegte den ein oder anderen Zweifel. Nun gut, kurzerhand beschlossen wir, dass ich ihre Trainerin werde und wir sie gemeinsam für den Lauf, ihre erste Laufteilnahme überhaupt, fit machen. Irre stolz war ich, als mir bewusst wurde, dass sie total auf mich und meine bisherige Lauferfahrung vertraut und auch immer wieder signalisierte, dass sie bereit war im Training alles zu geben. Wow. Mein Wissen weitergeben zu könne motivierte mich ungemein. Und natürlich packte mich gleich der Trainerehrgeiz. Jegliches Wissen, was ich im Studium über Motivation gelernt hatte, wurde aus allen erdenklichen Gehirnregionen rekrutiert -ein teils langer Weg. Und schließlich hieß meine erste Handlung als Trainerin: Ein Ziel festlegen. Sehr motivationstheoriekonform wie ich finde. Ina überlegte sich also eine für sie realistische und fordernde Zielzeit und visualisierte ihr Ziel vor ihrem geistigen Auge. Ich erstellte ihr einen 10 wöchigen Trainingsplan mit Hilfe von Runners World. Zum Start Trainingsstart stellte ich ihr ein Läufer-Care-Paket zusammen. Motivation erwächst bei uns Damen schließlich auch durch ein schickes neues Laufshirt mit passender Trainingsleggins und Söckchen. Dazu lieh ich ihr meine alte Pulsuhr und packte noch einen leckeren Riegel sowie die aktuelle Ausgabe der Runners Zeitschrift dazu.
Von April an stand dreimal die Woche Lauftraining auf dem Programm. Davon absolvierte sie einen Lauf alleine, einen machten wir gemeinsam und den dritten liefen wir je nach vorhandener Zeit gemeinsam oder separat. Während den Trainingswochen sendete ich ihr motivierende Sprüche, den Countdown wie lange es noch bis zum 20. Juni ist oder informative Fakten rund ums Laufen. Schlechte Laune vor dem gemeinsamen Lauf wurde weggelaufen und überschüssige Energie auch mal mit einem anschließenden Functional Training zu Nichte gemacht. Mein Trainerherz kannte keine Gnade. Mir gefiel, wie sie sich selbst immer wieder motivierte, mich um Rat bat und auch ihren Freunden erzählte, dass ich ihre Trainerin bin und wir gemeinsam in Berlin an den Start gehen werden.
Während der Wochen machte sie immense Fortschritte. Sichtbare Fortschritte. Wo sie anfangs, gegen Ende der Läufe nicht mehr mit mir sprechen konnte, oder vielleicht auch nicht mehr wollte?, kam sie bald an einen Punkt, wo wir fröhlich quasselnd über die Felder flitzen, Steigerungsläufe als solche akzeptiert und durchgeführt wurden oder sie mir fröhlich und stolz erzählte, dass sie wieder einen guten Intervalllauf auf dem Laufband im Fitnessstudio absolviert hatte. Es freute mich sehr zu sehen, wieviel Spaß sie am gemeinsamen Training hatte und dass es ihr offensichtlich so viel Freude bereitete, dass sie sich immer wieder selbst für das Training motivieren konnte. Selbstmotivation durch Freude am Laufen. Ein Zustand für den ich selbst, auf meine eigene Laufmotivation bezogen, immens dankbar bin, weil er mir erlaubt, jeden Lauf quasi mit 0 Überwindung zu starten und immer wieder schöne Läufermomente erleben zu können.
Am Samstag ist es nun endlich soweit. Der große Moment. Der große Lauf steht an. Und ich freue mich wie ein Schnitzel, wenn ich daran denke, dass sie endlich weiß, wofür sie all die Wochen hingearbeitet hat. Der Moment, wenn sie mit ihrer neuen Hose und ihrem Motivations-Shirt unter all den vielen anderen Freundinnen, Kolleginnen, Trainerinnen und Traineés am Start steht und es endlich los geht. Bis dahin bleibt es auch für mich als Trainerin spannend …. #Augenöffner