Und plötzlich stehst du an einem Donnerstag Nachmittag mit einem Kölsch in einer Meute, scheinbar, fremder Menschen und fühlst dich gut aufgehoben. Dir springt ein Grinsen aus dem Gesicht und es gibt für diesen Tag, keinen besseren Zeitpunkt, keinen besseren Ort als diesen. Ja, irgendwie steht die Welt still in dieser kleinen großen friedlichen Stadt am Rhein. All die vielen unschönen Dinge dieser Welt sind für die paar Stunden ausgeblendet. Nicht einmal der angekündigte aufziehende Sturm ist existent. Es überwiegen positive Vibes, das Lachen und Schunkeln. Selten, ich vermag zu sagen, nie habe ich derart vielen Menschen friedlich und harmonisch, ungezwungen, herzlich zusammen feiern sehen. Jeder ist willkommen. Jeder bekommt ein Lächeln, einen Arm zum Einhaken oder ein Kölsch.
Nicht zu glauben, dass es 29 Jahre gebraucht hat, bis ich es an diesen Ort geschafft habe. Dieser Ort der von der Leidenschaft für die 5. Jahreszeit und dem Lokalpatriotismus seiner Menschen und die Liebe zu ihrer Stadt lebt. Ja, ich war in Köln. Beim Karneval. Und es war fantastisch. Und nein, ich bin kein Faschingsliebhaber oder durch Geburt erlangte Närrin. Hier bei uns rund um Stuttgart fehlt mir dafür einfach die Tradition, das Herzblut und die Authentizität. In Köln ist das anders.
Highly dedicated sind die Menschen hier. Sorgsam werden Kostüme perfektioniert, Pläne geschmiedet und den Tagen entgegen gefiebert. Jeder freut sich auf die kommende Zeit, die Stimmung, das Zusammensein. Schon beim Schlangenstehen vor der Kneipe werden die Karnevalshymnen angestimmt, jeder begrüßt jeden, bekannt oder unbekannt, völlig egal, gegenseitig wird Lob für die gelungenen Kostüme ausgesprochen. Beim Feiern dann ein ähnliches Bild. Man mag sich hier. Herzlichkeit herrscht und Freude überwiegt. Der DJ spielt ausschließlich Kölsche Musik, „davon haben wir schließlich genug, dass es bis mindestens nachts um zwei keiner Helene oder eines Andreas Gabaliers bedarf“. Klar, oder?
Auf Außenstehende aus anderen Ecken dieses Landes mag das Karnevalsgehabe übertrieben oder unnötig wirken. Aber wisst ihr was? Genau das ist es was mir dort so ein tolles Gefühl, oder Jeföhl wie der Kölner sagt, beschert hat. Auch als Stuttgarterin mit offenen Armen in der Südstadt empfangen worden zu sein, voller Stolz erklärt zu bekommen wie der Karneval, ja wie Köln funktioniert, mitgerissen zu werden zu ihrer Musik, zu spüren wie jeder für den Karneval und seinen Zauber brennt. Und wisst ihr noch was? Die Welt braucht mehr von diesen Orten und Momenten wo eine positive Grundhaltung und Offenheit selbstverständlich sind, wo Herzlichkeit groß geschrieben wird und keiner lange ein Fremder bleibt. Vor meinem Kurztrip hierher hatte ich wenige Erwartungen. Ich war gespannt was der Karneval für mich bereit hält und war der Annahme, dass das sicher zwei ganz nette Tage bei Manni und seinen Freunden werden. Mittwochs war mein Kopf noch voll von der Arbeit und den Themen dort. Donnerstags ein bisschen feiern im Kostüm und freitags wieder ab nach Hause. Soweit der Plan. Und dann? 48h Stunden später sitze ich müde und durchaus wehmütig im Zug nach Hause, erstelle eine Fastelovend-Playlist auf Youtube, like Cat Ballou bei Facebook, scrolle mit einem Schmunzeln durch meine Fotos und grinse wenn ich an die vergangen zwei Tage denke. Karneval in Köln ist weit mehr als morgens um 11.11Uhr einige Kölschs in einem Kostüm zu trinken und zu Kölscher Musik zu schunkeln um dann irgendwann betrunken in der Ecke zu liegen. Für mich war es ein Austreten aus dem Alltag, ein Eintreten in eine völlig andere, absolut positive Welt und ein warmes Gefühl voller Herzlichkeit, Spaß und Lebensfreude. Ihr lieben Kölner und Kölnerinnen, Danke für die guten Zeiten in eurer Stadt. Köln ist ein Gefühl, da habt ihr Recht. Ich will es bald wieder fühlen. Köln ich komme wieder, versprochen.