Treffpunkt morgen 8.00Uhr. Und ab da, ich weiß es, wird alles ganz schnell gehen. Wir werden Fotos machen, unsere Taschen abgeben, uns warm laufen, den Weg in den Startblock antreten, nervös sein. Die Musik, die Moderatoren und die Atmosphäre wird uns anstacheln. Wir werden schon vor dem Start schwitzen, uns fragen ob wir die Schuhe ordentlich gebunden haben, die richtige Hose und ein bequemes Shirt tragen. Wir werden starten. Hinter dem Stadion. Inmitten einer Meute anderer die dieses Laufen genauso sehr lieben wie wir. Andere die auch Schweiß, Zeit, Tränen in ihr Training gesteckt haben und dadurch Spaß, Freude und ein gutes Gefühl erfahren haben. Und während wir die Kilometer durch das siedend heiße Stuttgart abreißen, vorbei an klatschenden Zuschauern, Bands und Kapellen, dem Max-Eyth-See und der Cannstatter Innenstadt werden wir zurückblicken. Zurückblicken auf die vergangenen Monate. Jeder Hopserlauf, jede Schwungübung, jede Planke und jeder Wolkenschieber wird bewusst oder unbewusst an uns vorbeiziehen. Vielleicht wird die ein oder andere fluchen, sich fragen warum sie das gerade tut. Die ein oder andere wird aber auch Lachen. Sich freuen, dass es nun endlich wahr wird. Und dann? Im Ziel? Werden wir uns in den Armen liegen. Uns selbst feiern. Stolz sein. Den Schmerz vergessen haben. Glücklichsein, dass wir uns getraut haben. Dankbar sein, dass wir Laufzeit Für Mich zu dem gemacht haben was es für uns war. Ja, genauso stelle ich mir das morgen vor. Der große Tag ist da. Es ist Stuttgart. Es ist Halbmarathon.
Laufzeit für mich – auf was ich zurückblicke
Es ist nahezu unglaublich wie schnell die Zeit von Mitte Januar bis heute gerannt ist. Alles ging so unheimlich schnell. Die medizinische Untersuchung, der Trainingsauftakt, die gemeinsamen Trainings bei Wind-und Wetter und auch die an den sonnigen Frühlings- und Sommertagen. Rasend schnell vorbei war der AOK-Frauenlauf, der Testlauf in Mühlacker, das Koch-Event, die Laufschuhberatung, der Videodreh. Zack, puff, vorbei. So schnell kann keiner kucken, geschweige denn rennen. Ich hätte gerne mehr konservieren wollen, mehr vom Einzelnen wahrnehmen und erleben. Wenn ich die Wochen und Monate Revue passieren lasse, so bleiben für mich persönlich viele gute Dinge in Erinnerung.
Trainingsseitig auf jeden Fall die Erkenntnis, dass ich Intervall-Läufe angenommen habe. Nicht zu lieben, aber angenommen. Ich habe verstanden wie sie funktionieren, was sie mit mir machen und das sie absolut ihre Daseinberechtigung haben. In früheren Trainingsplänen habe ich sie immer links liegen lassen. Für mich ein echtes ‚Out-of-Comfortzone‘ Erlebnis. Und ich verspreche mir selbst, dass ich das für zukünftige Trainingspläne beibehalten werde.
Trainieren in der Gruppe macht Spaß. Oh ja. Ich, der ewige ‚forever alone runner‘. Ich liebe nach wie vor lange, einsame Einheiten am Sonntag morgen. Das wird sich vermutlich nicht ändern, muss es auch nicht. Doch, eine gemeinsame Trainingseinheit, mit Koordinationsübungen, Gymnastik und Intervallläufen am Ende hat für mich Charme. Da wird nebenher auch mal gequatscht, vom Tag erzählt, sich ausgetauscht, gelacht und unterstützt. Ich mochte das sehr. Und wenn am Ende alle ihre Runden bei den Intervallen drehen, wird geklatscht, sich angefeuert und Lob ausgesprochen. Das ist doch was Tolles und stand für mich in perfekter Ergänzung zu meinen ‚lonely morning runs‘.
Laufen verbindet. Aus 12 Fremden ist eine Einheit geworden. Natürlich, gibt es Bindungen im Team die stärker sind als andere. Das ist absolut in Ordnung, auch das darf sein. Und dennoch war es wunderbar herzerwärmend zu sehen, wie diese Truppe zusammen gefunden hat. Vorgegeben war nur ein grober Rahmen. Organisatorisch durch unsere liebe Hannah und trainingsseitig durch Coach Gina. Alles andere, der Spirit, die Wärme, der Respekt, die Ideen, all das, kam von uns. Jede einzelne dieser tollen Frauen hat ihren Teil dazu beigetragen, dass Laufzeit Für Mich mehr war als im Kreis rennen und Pulswerte aufschreiben. Ich bin davon überzeugt, dass jede einzelne einen echten Zugewinn, in welcher Form auch immer, hatte.
Laufzeit für mich – was bleibt?
Ich denke für jede von uns wird es etwas anderes sein das bleibt – eben genauso verschieden wie wir es selbst sind. Für mich bleibt ganz viel. Ganz viel von etwas, das keiner erwartet oder auch verlangt hätte. Am wenigsten ich selbst. Wenn ich die Posts und Kommentaren auf Instagram oder Facebook lese oder auch in unserem Video genau hinhöre, dann bekomme ich Gänsehaut und verfalle in ein Innehalten. Dort erhält Laufzeit Für Mich das Label „das beste letzte Halbjahr“ oder „aus Fremden sind Freundinnen geworden“. Da herrscht Wehmut weil etwas zu Ende geht, aber auch Dankbarkeit das da was war, das uns begleitet hat, etwas das uns hat wachsen lassen, uns zusammen gehalten hat. Das ist einfach nur WOW. Was ich sagen will, der Deal war, trainiere auf den Halbmarathon und teile dein Training in den sozialen Medien. Nicht mehr. Wir hätten auch einfach dienstags zum Training gehen, trainieren, schwitzen, einen Post bei Facebook machen und wieder nach Hause fahren können. Das ist aber nicht passiert. Warum? Weil jede einzelne von uns eine tolle Persönlichkeit ist und uns der Traum vom Laufen eint. Vom Kücken bis Heike war alles dabei. Jede mit ihrer Geschichte, ihrem Ziel, ihrem Antrieb. Jede hatte ihren Platz, jede war willkommen. Was also für mich bleibt? Die Erkenntnis, das eine Gruppe dann funktioniert, wenn sie das gleiche Ziel hat, an die gleiche Vision glaubt. Hürden gemeinsam genommen werden, sich gegenseitig aufgeholfen wird, gemeinsam Anlauf genommen werden kann und am Ende das Ziel zusammen erreicht wird. Das ist ein unwahrscheinlich schönes Gefühl. Das Gefühl von Zugehörigkeit.
Was ich sonst noch sagen will
Zwei von uns werden morgen anstatt des Halbmarathons gemeinsam mit Coach Gina eine Staffel laufen und sich die 21km teilen, eine kann gar nicht antreten. Ich habe in euren beiden Gesichtern gesehen, wie schwer es auch gefallen ist, das zu entscheiden und weiß, dass sich für euch diese Entscheidung wie eine Niederlage anfühlt. Mir ginge es vermutlich nicht anders. Lasst mich euch ganz großen Respekt ausdrücken, dass ihr zugunsten eurer Gesundheit entschieden habt. Es war keine Entscheidung gegen das Ziel Halbmarathon. Es war eine Entscheidung für einen schmerzfreien, glücklichen Lauf im Oktober, welchen ihr mit einem Lächeln auf der Zielgeraden beendet werdet. Es war eine Entscheidung für ein weiteres Arbeiten an euch selbst und es war vor allem eine Entscheidung für eine weitere Laufzeit. Eine Laufzeit Für Euch.
Was noch? DANKE natürlich. Danke für unzählige Kilometer in der Abendsonne auf der Festwiese, für Freude, Zugehörigkeit, Verständnis, Motivation, Offenheit, Respekt, Songs schreiben, Interviews geben, Hopserläufe, Schaukelpferde, aus der Reihe tanzen und eine insgesamt wahnsinnig schöne Laufzeit Für Mich. #läuft